KI im Rechnungswesen schrittweise einführen – was jetzt zu tun ist
Die Diskussion um Künstliche Intelligenz (KI) ist längst im Rechnungswesen angekommen – doch ihre Umsetzung erfolgt leise, oft unbemerkt und selten in einem großen Schritt. Statt großer Umbrüche erleben wir eine stille Veränderung: Belegerkennung, automatische Kontierungsvorschläge oder dynamische Prognosen arbeiten im Hintergrund – ohne dass viele Unternehmen genau wissen, wo KI bereits aktiv ist und was sie eigentlich tut.
In diesem Beitrag zeige ich, wie Sie KI-Technologien sinnvoll in Ihre Buchhaltungsprozesse integrieren, welche Voraussetzungen erfüllt sein sollten – und worauf es beim schrittweisen Einstieg ankommt.
1. KI beginnt mit Struktur – nicht mit Technik
Wer KI im Rechnungswesen einführen möchte, sollte zuerst die Voraussetzungen im eigenen Haus klären. Grundlage ist eine saubere digitale Infrastruktur:
- durchgängiger Datenfluss zwischen ERP, Buchhaltung und Controlling
- strukturierte Buchungsrichtlinien (z. B. Buchungshandbuch)
- gepflegte Stamm- und Bewegungsdaten
- klare Rollen und Verantwortlichkeiten
Beispiel aus der Praxis: In einem mittelständischen Maschinenbauer wurden über mehrere Jahre verschiedene Excel-Listen parallel zur Buchhaltungssoftware geführt. Erst als diese Datenquellen in ein ERP-System überführt wurden, konnten KI-gestützte Tools zur Auswertung und Prognose sinnvoll genutzt werden.
2. Wo KI bereits hilft – oft unbemerkt
Viele Unternehmen nutzen KI bereits – ohne es zu wissen. Moderne Buchhaltungssoftware enthält oft unsichtbare Lernmechanismen, z. B.:
- automatische Belegerkennung
- intelligente Zuordnung zu Sachkonten und Kostenstellen
- Vorschläge zur Skontoberechnung
- Analyse von Zahlungsflüssen und Mahnverhalten
Beispiel: Viele ERP-Systeme und Anwendungen wie DATEV Unternehmen online, Candis, LucaNet, Sage oder weclapp setzen in vielen Bereichen auf lernende Algorithmen, um Belege zu erfassen und zu verarbeiten – teilweise ohne, dass dies ausdrücklich als „KI“ gekennzeichnet wird.
3. KI ersetzt keine Fachkräfte – sie unterstützt sie
Ein häufiger Irrtum: KI macht den Menschen überflüssig. In der Praxis ist das Gegenteil der Fall. Denn KI schlägt vor, entscheidet aber nicht. Sie erkennt Muster, lernt aus Abweichungen und liefert Analysen – aber sie braucht fachliche Kontrolle.
Beispiel: Ein KI-gestütztes System erkennt auf einem Lieferantenbeleg ein Leistungsdatum oder einen Leistungszeitraum und schlägt automatisch einen Buchungsschlüssel vor. Doch nur eine erfahrene Fachkraft erkennt, dass es sich um eine mehrjährige Vorauszahlung handelt – mit Folgen für die Periodenabgrenzung.
4. Einstiegsmöglichkeiten für den KI-Einsatz im Rechnungswesen
Wer bewusst in den Einsatz von KI einsteigen will, kann klein beginnen. Drei praxiserprobte Startpunkte:
1. Automatisierte Belegerkennung verbessern
Nutzen Sie vorhandene Scan- und Erkennungstools gezielt und trainieren Sie die Kontierungslogik aktiv mit. Programme wie GetMyInvoices oder Candis bieten hier einfache Einstiegsmöglichkeiten.
2. Analyse von Abweichungen automatisieren
Mit Tools wie Tableau, OpenSense oder Power BI können Sie Abweichungen von Planzahlen automatisch erkennen lassen – inklusive Ursachenanalyse (z. B. Preis, Menge, Zeit).
3. Zahlungsvorschläge mit KI prüfen lassen
Moderne ERP-Systeme erkennen saisonale Schwankungen oder wiederkehrende Muster in Zahlungsströmen und helfen, Liquiditätsengpässe frühzeitig zu erkennen.
5. Risiken erkennen und kontrollieren
Beim Einsatz von KI im Rechnungswesen stellen sich wichtige Fragen:
- Wie nachvollziehbar sind die Vorschläge der KI?
- Wer prüft die Ergebnisse? Wer übernimmt die Verantwortung?
- Wer hat Zugriff auf sensible Daten?
- Wer liest bei Aufgabenstellungen und Lösungsvorschlägen mit?
Empfohlene Vorgehensweise:
- Dokumentieren Sie alle KI-gestützten Prozesse – idealerweise mit Screenshots und Kommentaren.
- Führen Sie regelmäßig Plausibilitätsprüfungen durch.
- Setzen Sie KI nur dort ein, wo die Datenqualität hoch genug ist.
- Schulen Sie Ihr Team, um die Technologie zu verstehen und Antworten und Risiken richtig einzuschätzen.
6. Fazit: KI ist kein Projekt – sondern ein Prozess
Die Einführung von KI im Rechnungswesen ist kein IT-Großprojekt, sondern ein kontinuierlicher Lern- und Verbesserungsprozess. Unternehmen, die jetzt beginnen, ihre Daten zu strukturieren, erste intelligente Funktionen gezielt zu nutzen und Mitarbeiter einzubinden, verschaffen sich einen klaren Vorsprung – nicht nur technisch, sondern auch organisatorisch.
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